Projektbeschrieb

Rahmenbedingungen und Projektbestandteile

Der Bau einer von Grund auf neuen ARA Oberengadin bietet aufgrund der speziellen Lage und der Rahmenbedingungen die einmalige Gelegenheit, unter Beachtung der speziellen Bedingungen im Engadin ein Zeichen zu setzen. Dies bezüglich Technologie, Energieeffizienz, Kompaktheit, Nachhaltigkeit und vor allem Wirtschaftlichkeit. Um eine zukunftsweisende Anlage zu bauen, wurden in einer frühen Projektphase auf Basis der getroffenen Verfahrenswahl eine breite Palette von Möglichkeiten und Ansätzen untersucht und verglichen. Die nachhaltigsten Lösungsansätze wurden vorteilhaft und massgeschneidert ins Projekt integriert (wobei Nachhaltigkeit stets im umfassenden Sinne, d.h. unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit, der Ökologie und der sozialen Verträglichkeit beurteilt wurde).

Als Grundlage für die Projektentwicklung zur neuen ARA Oberengadin wurden verschiedene Interessen und Rahmenbedingungen berücksichtigt:

  • Wirtschaftlicher und flexibler Betrieb über die nächsten 40 Jahre
  • Gewässerschutz
  • Weitere Umweltaspekte
  • Energieeffizienz
  • Nachhaltigkeit, inkl. Grundsätze des ökologischen Bauens, Materialwahl
  • Stand der Technik unter Beachtung von Innovationen
  • Klimatische und saisonale Bedingungen

Die Projektbestandteile umfassen neben dem Neubau der ARA Oberengadin weitere Anlageteile wie das Provisorium ARA Furnatsch, das letzte Teilstück des Ableitungskanals, die Erschliessungsbauwerke sowie die Regenrückhaltebecken in Celerina und Bever. Über die künftige Nutzung der frei werdenden ARA-Areale Staz und Sax haben die betreffenden Gemeinden hingegen separat zu befinden. Die ARA Oberengadin basiert auf einer gesamtheitlichen Planung der Abwasserbeseitigung über das gesamte Einzugsgebiet – d.h. von St. Moritz bis S-chanf.

Bestandteile des Projektes regionale ARA Oberengadin

Ausbaugrösse

Die Ausbaugrösse wurde modular und auf die saisonalen Schwankungen abgestimmt gewählt. Damit ist ein flexibler Betrieb mit Belastungsspitzen bis über 90’000 Einwohnerwerte gewährleistet. Es kann nicht von einem regelmässigen Anfall des verschmutzen Abwassers ausgegangen werden, vielmehr ändert sich der Verschmutzungsgrad, d.h. die Belastung des Wassers mit Schmutzstoffen sowie auch der Wasserfluss. Diesen sich über den Tages- und Jahresgang ändernden Bedingungen hat die ARA zu genügen. Darum wurden verschiedene Entwicklungs-Szenarien durchgespielt und die Auswirkungen daraus für den ARA-Betrieb berücksichtigt. Mit den gewählten Reinigungsstufen und Prozessabfolgen können die heute geforderten gesetzlichen Bedingungen bei sehr unterschiedlichen Belastungsstärken erfüllt werden. Weitere allfällige Reinigungsstufen können nachgerüstet werden. Der Ausbaustandard und die Materialwahl wurden gezielt auf die klimatischen Verhältnisse im Oberengadin abgestimmt.

Abwassermenge im Jahresverlauf

Biochemische Belastung im Jahresverlauf

Ausbau der einzelnen Reinigungsstufen

Diese Darstellung zeigt, dass die abwasserführenden Teile der Vorreinigung sowie Teile der Schlammbehandlung mit relativ wenig Aufwand bereits auf eine evtl. grössere Abwassermenge, resp. Schmutzstoffmenge ausgelegt worden sind. Der Grund: Eine Nachrüstung in diesen Bereichen wäre sehr aufwändig und teuer. Demgegenüber sind die anderen Anlageteile relativ einfach erweiterbar und somit nur auf die heutige Belastung dimensioniert.

Das Reinigungssystem

Nach einem umfassenden Variantenstudium mit Anlagebesichtigungen wurden folgende System-Entscheide gefällt:

  • Klassische mechanische Vorreinigung (Rechen, Sandfang, Vorklärung)
  • Biologische Stufe mit SBR (Batch-System «à la Waschmaschine») Dies ist flexibel, leistungsstark, modular und energieeffizient
  • Konventionelle Schlammfaulung mit Eindickprozessen, Muldenverlad, Bahntransport zur Trocknung in Chur (unverändert zu heute, die Entsorgung des Schlammes via Trocknung in Chur wird vom Kanton mittels Klärschlammplanung vorgegeben)
  • Energieverwertung mit Gasmotoren, Wärmeverbund, Stromeigenproduktion für eine weitgehende Deckung des Eigenbedarfs an Energie

Das gewählte Reinigungskonzept zeichnet sich wie folgt aus:

  • Einhaltung der Gewässerschutzgesetzgebung bei Einleitung in den EKW-Kanal
  • keine weitergehende Elimination von Spurenstoffen (Mikroverunreinigungen) nötig, da unwirtschaftlich und vom Gesetzgeber nicht gefordert
  • weitgehende Stickstoffelimination durch flexible SBR-Biologie, saisonal angepasst und ohne Zusatzkosten erreichbar
  • wirtschaftlich und energetisch angepasste Prozessführung
  • Abwasserreinigung während der Bauzeit über Normalbetrieb der ARAs Staz und Sax sowie über Provisorium ARA Furnatsch ohne Schlammteil möglich
  • Schlammbehandlung mit Biogasproduktion, optimierter Faulprozess, Schlammentwässerung und Entsorgung in Chur (Bahntransport)
  • Phosphatreduktion mit Eisensalzfällung, Alkalinität mit Kalkmilchzudosierung
  • Abluftbehandlung mit chemischer Wäsche und Biofilter


Systemwahl für biologische Stufe und Schlammbehandlung:
Dafür wurden im Rahmen der Verfahrensstudie das SBR-System als zukünftige biologische Stufe und eine Schlammfaulung als zentrale Elemente gewählt. Damit wurde das Gesamtkonzept für die neue ARA vorgegeben.

Wie bei einer Waschmaschine, wird das Abwasserpaket in einen der fünf Reaktoren geleitet und dann stationär je nach saisonalen Bedingungen mit entsprechenden Prozessabläufen gereinigt. Im Schlussgang wird das gereinigte Abwasser durch einen Absetzvorgang vom bioaktiven Schlamm getrennt und in den EKW-Kanal gepumpt. Dieser Vorgang wiederholt sich gestaffelt und saisonal verschieden in drei bis fünf Reaktoren. Dies erlaubt die Anwendung modernster Verfahrenstechnologien und massgeschneiderter Prozessabläufe.

Funktion des Sequence Batch Reaktors (SBR-Waschsystem) in der biologischen Stufe

Analog zu den drei bestehenden Anlagen soll auch zukünftig der anfallende Klärschlamm ausgefault und das dadurch gewonnene Biogas in Strom und Wärme umgewandelt werden. Mit der geplanten Prozesstechnik kann die Schlammmenge gegenüber heute reduziert werden. Zusammen mit der dadurch gesteigerten Energieausbeute können die Betriebskosten markant gesenkt werden. Der ausgefaulte und mechanisch eingedickte Klärschlamm wird in geschlossene Mulden verladen und via Bahntransport, analog dem heutigen kantonalen Konzept, nach Chur zur Trocknung abtransportiert. Das Trockengut wird anschliessend in der Zementindustrie als Brennstoff verwertet.

Funktion Bioreaktoren für die Schlammfaulung

Kurzbeschrieb der zentralen ARA Oberengadin:

Zukünftig wird das Rohabwasser aus den drei stillgelegten Anlagen durch den bereits gebauten Hauptsammelkanal zur neuen ARA Oberengadin geleitet. Dafür wird die Leitung ab dem Entsanderbauwerk des EKW-Kanals bis zum neuen Standort verlängert (475 m).

In einer ersten Stufe wird das Abwasser konventionell mechanisch gereinigt, d.h. es durchläuft eine Rechen- und Sandfanganlage, sowie ein Vorklärbecken. Damit sind die Grob- und Feststoffe entfernt. Anschliessend werden die gelösten Inhaltsstoffe im Herzstück der ARA, nämlich der biologischen Reinigungsstufe, abgebaut. Dafür wurde aufgrund eines umfangreichen Variantenstudiums das für die Eigenheiten des Engadins am besten geeignete SBR-Verfahren gewählt. Entgegen der in den heutigen Anlagen kontinuierlich durchflossenen Becken gelangt beim SBR-System ein Batch-Verfahren zur Anwendung (d.h. das Abwasser wird ähnlich wie in einer Waschmaschine paketweise gereinigt).

Der anfallende Klärschlamm wird entsprechend den heutigen Anlagemustern in drei Bioreaktoren ausgefault. Dabei wird Biogas produziert. Damit der ausgefaulte Schlamm mit möglichst geringem Restvolumen per Bahntransport zur Verbrennung nach Chur gelangt, muss er unverändert zum heutigen Entsorgungskonzept vorgängig mechanisch entwässert und in Mulden verladen werden. Das anfallende Biogas wird in Gasmotoren verbrannt und dadurch Wärme und Strom generiert. Im Verbund mit der Fernwärme und im Austausch mit dem EW-Netz kann mit diesem Energiekonzept die Strom- und Wärmeversorgung der neuen ARA Oberengadin in der Jahresbilanz zu annähernd 100 % selbst abgedeckt werden. Das Konzept ist so ausgelegt, dass auch allfällige weitere organische Stoffe zur Vergärung entgegengenommen werden können. Sämtliche geruchbeladene Prozessabluft wird in einem geschlossenen System erfasst und über eine entsprechende Abluftreinigungsanlage ins Freie geführt.

Nachhaltigkeit im umfassenden Sinne – d.h. Berücksichtigung wirtschaftlicher, ökologischer und gesellschaftlicher Aspekte.

Abwassermenge und Verschmutzungsgrad bestimmen die Ausbaugrösse einer ARA. Dabei müssen die saisonalen Schwankungen beachtet werden.